
Das Aufgebotsverfahren gemäß § 927 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) regelt eine besondere Situation im deutschen Sachenrecht, die vor allem dann von Bedeutung wird, wenn es um das Eigentum an Grundstücken geht. Im Kern handelt es sich dabei um einen rechtlichen Prozess, mit dem ein Eigentümer sein Grundstück zurückfordern kann, wenn es sich über einen längeren Zeitraum im Besitz einer anderen Person befindet.
Das Gesetz tritt in Kraft, wenn ein Grundstück seit mehr als 30 Jahren im Eigenbesitz eines anderen ist. Dies bedeutet, dass eine Person, die ein Grundstück nicht vorbereitet hat, unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit hat, das Eigentum wiederzuerlangen. Wichtig zu verstehen ist, dass der bestehende Besitzer auch dann nicht einfach aufgeben kann, wenn der ursprüngliche Eigentümer möglicherweise im Grundbuch eingetragen ist.
Was bedeutet das konkret?
Wenn Person A der rechtmäßige Eigentümer eines Grundstücks ist, aber Person B das Grundstück seit 30 Jahren ununterbrochen nutzt, kann Person A im Wege des Aufgebotsverfahrens versuchen, ihr Eigentum zurückzufordern. In diesem Fall muss den rechtlichen Anforderungen des § 927 BGB Rechnung getragen werden. Zunächst muss Person A nachweisen, dass sie der Eigentümer ist und dass das Grundstück seit 30 Jahren im Besitz von Person B ist.
Ein entscheidender Aspekt ist der Status des Eigentümers im Grundbuch. Falls Person A noch im Grundbuch eingetragen ist, kann das Aufgebotsverfahren nur dann eingeleitet werden, wenn sie verstorben oder verschollen ist und in den letzten 30 Jahren keine Eintragung in das Grundbuch stattgefunden hat, die ihrer Zustimmung bedurft hätte.
Beispiel: Das Aufgebotsverfahren in der Praxis
Nehmen wir das Szenario, dass Herr Müller vor 35 Jahren ein Stück Land gekauft hat, es aber nie bebaut oder genutzt hat. Stattdessen hat Frau Schmidt vor 32 Jahren ihr Haus auf diesem Grundstück errichtet und lebt dort seither. Herr Müller möchte nun sein Grundstück zurückfordern.
Da Herr Müller in das Grundbuch eingetragen ist, müsste er nachweisen, dass er mindestens 30 Jahre lang weder das Grundstück genutzt noch Frau Schmidt seine Zustimmung zu irgendwelchen Veränderungen gegeben hat. Sollte Herr Müller annehmen, Frau Schmidt würde das Grundstück einfach aufgeben, wäre das ein Trugschluss. Der Gesetzestext stellt klar, dass Frau Schmidt durch das Aufgebotsverfahren nicht einfach ihr Recht an dem Grundstück verliert.
Wenn Herr Müller jedoch im Laufe des Verfahrens verstirbt oder als verschollen gilt, kann Frau Schmidt einen Antrag auf das Aufgebotsverfahren stellen und ihr Interesse auf dem Grundstück sichern. Dies geschieht durch Eintragung ins Grundbuch. Sollte jedoch ein Dritter, beispielsweise ein Kreditgeber von Herrn Müller, eine Eintragung im Grundbuch vorgenommen haben, die der Richtigkeit des Eigentums widerspricht, würde der Ausschließungsbeschluss nicht gegen diesen Dritten wirken.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Aufgebotsverfahren ein wichtiges rechtliches Instrument ist, um nach langer Abwesenheit das Eigentum an einem Grundstück zurückzuerlangen. Es ist jedoch komplex und erfordert genaue Kenntnisse der rechtlichen Rahmenbedingungen. Ob Laie oder Anwalt, das Verständnis dieser Regelung ist entscheidend, um die Rechte im Eigentumsschutz zu wahren.