
Im deutschen Erbrecht spielt der Pflichtteil eine zentrale Rolle. Besonders relevant wird dies im Umgang mit Schenkungen. Eine wichtige Regelung zu diesem Thema findet sich in § 2327 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Dieser Paragraph beschreibt, unter welchen Umständen Geschenke an Pflichtteilsberechtigte berücksichtigt werden müssen.
Ein Pflichtteilsberechtigter ist in der Regel ein nahe Angehöriger, wie ein Kind oder ein Ehepartner, dessen Ansprüche auf einen bestimmten Anteil des Erbes gesetzlich festgelegt sind. Diese Regelung soll sicherstellen, dass auch Angehörige, die vom Erblasser im Erbfall möglicherweise benachteiligt werden, finanziell abgesichert sind. § 2327 regelt nun, was passiert, wenn ein Pflichtteilsberechtigter ein Geschenk vom Erblasser erhalten hat.
Die Grundsätze des § 2327 BGB
Absatz 1 des Gesetzes besagt, dass, wenn ein Pflichtteilsberechtigter ein Geschenk erhalten hat, dieses Geschenk dem Nachlass hinzuzurechnen ist. Das klingt kompliziert, ist aber einfach zu verstehen: Je mehr der Pflichtteilsberechtigte bereits geschenkt bekommen hat, desto weniger steht ihm aus dem Nachlass zu.
Schauen wir uns das anhand eines Beispiels an: Herr Müller hat drei Kinder und besitzt ein Vermögen von 300.000 Euro. Eines seiner Kinder, Anna, hat vor einige Jahre bereits ein Geschenk im Wert von 50.000 Euro erhalten. Im Erbfall muss dieser Betrag nun bei der Berechnung des Pflichtteils berücksichtigt werden. Das bedeutet, dass Anna, die normalerweise 100.000 Euro als Pflichtteil verlangen könnte, nur noch 50.000 Euro aus dem Nachlass bekommt, weil sie bereits ein Geschenk erhalten hat.
Anwendung auf Abkömmlinge
Absatz 2 des Gesetzes greift etwas tiefer und spezifiziert, dass die Regelungen auch für Abkömmlinge des Erblassers gelten. Abkömmlinge sind meist direkte Nachfahren wie Kinder oder Enkel. Hier wird auf § 2051 Abs. 1 verwiesen, der zusätzliche Regelungen zur Anrechnung von Schenkungen enthält.
Ein zweites Beispiel könnte die Situation von Bastian und seinen Geschwistern sein. Bastian hat von seinem verstorbenen Vater ein Grundstück im Wert von 120.000 Euro geschenkt bekommen. Im Falle des Erbes stellt sich heraus, dass die gesamte Erbschaft 400.000 Euro beträgt. Wenn die Schenkung nicht berücksichtigt würde, stünden seinen Geschwistern insgesamt 100.000 Euro als Pflichtteil zu. Nach Berücksichtigung der Schenkung hätte Bastian jedoch nur noch Anspruch auf 100.000 Euro aus dem Nachlass, weil er bereits einen erheblichen Teil des Erbes in Form der Schenkung erhalten hat.
Die Regelung in § 2327 ist also eine wichtige Maßnahme, um Gerechtigkeit zwischen den Erben und den Pflichtteilsberechtigten herzustellen. Sie verhindert, dass jemand doppelt begünstigt wird und sorgt dafür, dass die Verteilung des Nachlasses fair bleibt. Ein Augenmerk auf solche Details kann sowohl für Laien als auch für Anwälte entscheidend sein, um die komplexen Zusammenhänge im Erbrecht richtig zu verstehen.