
Das deutsche BGB, konkret § 644, beschäftigt sich mit der sogenannten Gefahrtragung im Werkvertragsrecht. Diese Regelung klärt die Frage, wer das Risiko trägt, wenn im Laufe der Erfüllung eines Werkvertrags etwas schiefgeht. Egal, ob ein Bauunternehmer ein Haus errichtet oder ein Künstler ein Gemälde malt, die Verantwortung für mögliche Schäden oder Verlust des Werkes spielt eine entscheidende Rolle.
In § 644 Absatz 1 wird festgelegt, dass der Unternehmer das Risiko bis zur Abnahme des Werkes trägt. Das bedeutet: Solange der Besteller das Werk noch nicht geprüft und genehmigt hat, ist der Unternehmer dafür verantwortlich, wenn etwa das zu errichtende Gebäude durch einen Sturm beschädigt wird. Ist der Besteller jedoch in Verzug mit der Annahme – das heißt, er nimmt das Werk nicht rechtzeitig an – geht dieses Risiko auf ihn über. Eine ganz wichtige Regelung, die in der Praxis oft missverstanden wird. Der Unternehmer ist ferner nicht für den zufälligen Untergang oder eine Verschlechterung des Materials verantwortlich, das der Besteller selbst zur Verfügung gestellt hat.
Beispiel-Szenarien
Stellen wir uns ein Szenario vor, in dem ein Maler einen Auftrag erhält, ein Wandgemälde in einem Café zu erstellen. Der Maler macht seine Arbeit und das Werk sieht fantastisch aus. Der Cafébesitzer, der Besteller, ist jedoch bei der Abnahme des Werkes unentschlossen und möchte noch Änderungen vornehmen. In dieser Zeit kommt ein unerwarteter Wasserschaden durch einen Rohrbruch, der das Gemälde ruiniert. In diesem Fall trägt der Maler, als Unternehmer, das Risiko bis zur vollständigen Abnahme. Das bedeutet, er ist verantwortlich für den Schaden, da die Abnahme noch aussteht.
Nun stellen wir uns ein weiteres Beispiel vor: Ein Bauunternehmer wird beauftragt, ein Haus zu bauen. Das Baumaterial wird vom Auftraggeber bereitgestellt. Während der Bauarbeiten kommt es aufgrund eines Unwetters zu einem Schaden am Holz, das der Auftraggeber geliefert hat. In diesem Fall ist der Bauunternehmer nicht verantwortlich für den Verlust oder die Beschädigung des Materials, da dieses vom Besteller zur Verfügung gestellt wurde. Der Unternehmer muss somit für das minderwertige Material nicht haften.
Versand und Gefahrtragung
Absatz 2 des § 644 beschäftigt sich mit der Situation, wenn der Unternehmer das Werk an einen anderen Ort versendet. Wenn der Besteller verlangt, dass das Werk an einen anderen als den vereinbarten Erfüllungsort geliefert wird, greift die Vorschrift des § 447 BGB. Diese Regel sieht vor, dass die Gefahr des Verlustes oder der Beschädigung auf den Besteller übergeht, sobald der Unternehmer das Werk dem Transporteur übergibt. In der Praxis bedeutet das, wenn ein Tischler einen Tisch an einen Kunden in einer anderen Stadt liefert, ist die Gefahr für den Tisch ab dem Moment, in dem der Tischler den Tisch beim Versanddienstleister abgibt, beim Kunden.
Zusammenfassend vermittelt § 644 des BGB wesentliche Informationen über die Gefahrtragung im Werkvertragsrecht. Verständnis für diese Regelung ist entscheidend für beide Seiten, um mögliche rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden. Sowohl Besteller als auch Unternehmer sollten sich bewusst sein, wie und wann das Risiko innerhalb des Vertrags übergeht.