
Im deutschen Zivilrecht spielt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) eine zentrale Rolle. Ein besonders interessanter und auch komplexer Paragraf ist § 755, der sich mit der Berichtigung einer Gesamtschuld befasst. Bei Gesamtschuldnern handelt es sich um mehrere Personen, die gemeinsam für eine Verbindlichkeit haften. In diesem Blogartikel wollen wir beleuchten, was dieser Paragraph konkret bedeutet und wie er im Alltag Anwendung findet.
Wenn mehrere Personen gemeinsam für dieselbe Schuld haften, spricht man von einer Gesamtschuld. Dies kann beispielsweise in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) der Fall sein. Alle Teilhaber sind dann gesamtschuldnerisch verantwortlich. Das bedeutet, dass jeder für die gesamte Schuld einstehen kann. Doch was geschieht, wenn die Gemeinschaft aufgelöst wird oder wenn ein Teilhaber aus der Gemeinschaft ausscheidet? Hier kommt § 755 BGB ins Spiel.
Der Inhalt von § 755 BGB
Absatz 1 besagt, dass jeder Teilhaber bei der Aufhebung der Gemeinschaft verlangen kann, dass die Schuld aus dem gemeinschaftlichen Gegenstand berichtigt wird. Dies bedeutet, dass der Schuldenstand neu betrachtet werden muss, wenn beispielsweise einer der Teilhaber die Gemeinschaft verlässt. Die Aufteilung der Schulden erfolgt dann nach dem Anteil, den jeder Teilhaber an der Gemeinschaft hat. Absatz 2 kürzt diesen Anspruch nicht nur auf die Teilhaber selbst ein, sondern sieht auch vor, dass er gegen die Nachfolger der Teilhaber geltend gemacht werden kann.
Ein weiterer wichtiger Punkt wird in Absatz 3 angesprochen: Sofern zur Berichtigung der Schuld der Verkauf des gemeinschaftlichen Gegenstands nötig ist, muss dieser Verkauf nach den Regeln des § 753 BGB erfolgen. Hierbei handelt es sich um Vorgaben zur Durchführung und Abwicklung solcher Verkäufe.
Beispielszenario zur Veranschaulichung
Stellen wir uns vor, drei Freunde, Anna, Bernd und Clara, gründen eine GbR, um ein gemeinsames Café zu betreiben. Es gibt insgesamt Schulden in Höhe von 30.000 Euro. Jeder der drei Teilhaber trägt 10.000 Euro zur Schuld bei. Nach zwei Jahren beschließt Anna, das Café zu verlassen. Nun ist die Frage, wie die Schulden geregelt werden.
Gemäß § 755 kann Anna bei der Aufhebung der Gemeinschaft verlangen, dass die bestehenden Schulden aus dem gemeinsamen Vermögen berichtigt werden. Das bedeutet, dass die 30.000 Euro jetzt anteilig auf Bernd und Clara verteilt werden müssen. Angenommen, Bernd und Clara verbleiben als Teilhaber, dann kann jeder von ihnen für die verbleibenden 20.000 Euro (10.000 Euro jeweils für Anna) zur Verantwortung gezogen werden. Anna hat durch ihren Ausstieg den Anspruch auf eine Berichtigung der Schulden, sodass sie nicht länger für die gesamte Summe haften muss.
Ein weiterer Aspekt ist, dass dieser Anspruch auch auf Nachfolger übertragbar ist. Falls einer der Teilhaber stirbt und die Schulden auf die Erben übergehen, dann können Bernd und Clara diesen Anspruch auch gegenüber den Erben geltend machen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass § 755 BGB einen klaren rechtlichen Rahmen für die Berichtigung von Gesamtschulden bei der Aufhebung einer Gemeinschaft schafft. Dieser Paragraph regelt sowohl die Aufteilung der Schulden unter den Teilhabern als auch die Möglichkeit, Ansprüche gegen Nachfolger geltend zu machen. Bei der Gründung einer Gesellschaft oder einer ähnlichen Unternehmung ist es wichtig, sich dieser Regelungen bewusst zu sein, um im Falle von Veränderungen in der Gemeinschaft gut vorbereitet zu sein.