
Das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) enthält zahlreiche Regelungen, die das Zusammenleben und die Geschäftsbeziehungen der Menschen betreffen. Eine dieser Vorschriften ist § 210, der sich mit der Verjährung von Ansprüchen beschäftigt, wenn es um nicht voll Geschäftsfähige geht. Doch was bedeutet das konkret?
Im Kern geht es bei § 210 um den Schutz von Personen, die aufgrund ihres Alters oder einer psychischen Beeinträchtigung nicht in der Lage sind, ihre Angelegenheiten selbstständig zu regeln. Wenn eine solcher Person etwas zustößt oder sie eine Forderung stellt, darf es nicht passieren, dass ihre rechtlichen Ansprüche einfach verjähren, während sie noch nicht in der Lage ist, für sich selbst zu handeln.
Was bedeutet Verjährung?
Verjährung ist ein rechtlicher Begriff, der beschreibt, dass nach einer bestimmten Zeit Ansprüche nicht mehr durchgesetzt werden können. In der Regel beträgt die Verjährungsfrist drei Jahre. Bei Personen, die geschäftsunfähig sind oder nur beschränkt geschäftsfähig, greift jedoch eine Besonderheit.
Gemäß § 210 Absatz 1 tritt die Verjährung nicht vor Ablauf von sechs Monaten ein, nachdem die betroffene Person entweder wieder unbeschränkt geschäftsfähig geworden ist oder ihre Vertretung geklärt wurde. Diese Regelung gibt den betroffenen Personen eine Art „Sicherheitspuffer“. Sollten sie während der Zeit, in der sie nicht geschäftsfähig sind, Ansprüche haben, bleibt ihnen also mehr Zeit, um diese geltend zu machen.
Beispiel-Szenarien
Stellen wir uns Anna vor, eine 15-jährige Schülerin, die aufgrund ihres Alters geschäftsunfähig ist. Sie hat durch einen Unfall einen Anspruch auf Schadensersatz. Der Unfall ereignet sich, als sie noch nicht in der Lage ist, Verträge eigenständig abzuschließen.
Die Frist für den Schadensersatzanspruch würde unter normalen Umständen in drei Jahren verjähren. Aufgrund ihrer Geschäftsunfähigkeit kommt jedoch § 210 ins Spiel. Die Verjährungsfrist beginnt erst mit ihrem 18. Geburtstag zu laufen, also dem Zeitpunkt, an dem sie voll geschäftsfähig ist. Dies bedeutet, dass sie ab dann nochmals drei Jahre Zeit hat, um ihren Anspruch geltend zu machen.
Ein weiteres Beispiel betrifft Heinz, einen 35-jährigen Mann, der aufgrund einer psychischen Erkrankung vorübergehend nicht geschäftsfähig ist. In dieser Zeit wird er von einem gesetzlichen Vertreter – in diesem Fall von einem Betreuer – vertreten. Hier greift die Vorschrift nicht, wenn der Betreuer Entscheidungen für ihn treffen kann. Sollte Heinz zum Beispiel eine Forderung gegen einen Dienstleister haben, bleibt ihm auch in diesem Fall eine angemessene Zeitspanne, um diese geltend zu machen, solange die Vertretung ordnungsgemäß geregelt ist.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass § 210 BGB eine wichtige Schutzfunktion für nicht voll Geschäftsfähige darstellt. Er verhindert, dass diese Personengruppen über ihre rechtlichen Ansprüche ins Hintertreffen geraten, während sie noch nicht in der Lage sind, für sich selbst zu sorgen. So wird sichergestellt, dass auch verletzliche Mitglieder unserer Gesellschaft weiterhin ihre Rechte wahrnehmen können, selbst wenn sie temporär in ihrer Geschäftsfähigkeit eingeschränkt sind.